Ich bin in meiner Arbeit stark von der Haltung der Gestalttherapie geprägt.
In ihr stehen nicht etwaige Defizite von Menschen und ihre Behandlung im Vordergrund, sondern die Wertschätzung und Achtung der einzigartigen Erscheinung, Erfahrung und des ganz individuellen Selbstausdrucks jedes Menschen, seiner ganz individuellen Gestalt in dieser Welt.
Als Therapeut stelle ich mich meinen Klientinnen und Klienten als ein Mitmensch und Gegenüber auf Augenhöhe zur Verfügung und suche eine Begegnung, die echten Kontakt und eine ganzheitliche Bewusstwerdung dessen ermöglicht, was gerade ist - sowohl im Außen wie im Innen, vor allem aber im Jetzt, in der Gegenwart.
Damit erschaffen wir zusammen die Basis für Ihre natürliche Selbstregulation und ermöglichen so eine Weiterentwicklung Ihrer Persönlichkeit.
Die Gestalttherapie ist einer der wichtigsten psychotherapeutischen Ansätze der humanistischen Psychologie. Sie wurde Anfang der 50'er Jahren von den Berliner Psychoanalytikern Fritz und Lore Perls in Zusammenarbeit mit Paul Goodman entwickelt. Die Gestalttherapie grenzt sich durch eine stark phänomenologische Ausrichtung deutlich von der damals vorherrschenden Psychoanalyse ab. Ihr Hauptfokus liegt auf dem Geschehen im Hier & Jetzt, nicht auf der Entschlüsselung der ganzen menschlichen Psyche auf Basis einer Analyse bereits längst vergangener Ereignisse.
Die Gestalttherapie lehnt sich an wichtige Erkenntnisse der Gestaltpsychologie an, von der sie auch ihren Namen ableitet. Im Gegensatz zum mechanistischen Weltbild betrachtet die Gestaltpsychologie den Menschen als Ganzheit von Körper, Seele und Geist, die untrennbar miteinander verflochten sind. Das Prinzip der Ganzheitlichkeit findet sie nicht nur in der menschlichen Wahrnehmung (drei singuläre Punkte werden als ein Dreieck wahrgenommen) sondern auch in unserem seelischen Erleben. Gefühle, Empfindungen oder Bedürfnisse treten als Ganzheit in den Vordergrund unseres Bewusstseins, wenn ihre Beachtung für unseren Organismus gerade wichtig sind (wie z. B. ein aktuelles Hunger-Gefühl). Unwichtigere Details der gelebten Wirklichkeit treten dann automatisch in den Hintergrund.
Eine solche "Gestalt", die gerade im Vordergrund unseres Bewusstseins auftaucht, können auch Gefühle, Empfindungen und Bedürfnisse sein, die aus lange vergangenem Erleben entstammen, aber noch nicht "abgeschlossen", d.h. ausreichend beantwortet bzw. verarbeitet sind. Beispielsweise aus vergangenen Beziehungserfahrungen, in denen wir bestimmte Verhaltensmuster gelernt haben und auch heute noch praktizieren, obwohl wir merken, dass uns dieser Weg in eine Sackgasse führt.
Um solche "offenen Gestalten" zu schließen vertraut die Gestalttherapie auf die jedem lebendigem Organismus innewohnende Fähigkeit der organismischen Selbstregulation: Die Fähigkeit zur Wahrnehmung eines Ungleichgewichts im Organismus und die Kompetenz zur autonomen Wiederherstellung dieses Gleichgewichts.
Genau darin begleitet der Gestalttherapeut seine KlientInnen. Nicht als Experte, der von einer höheren Warte aus agiert, sondern als ein Mitmensch auf Augenhöhe. Er weiß, dass viele persönlichen Veränderungsprozesse nur in einer vertrauensvollen guten Beziehung gelingen und dass Menschen sich letztlich nur selbst verändern und weiterentwickeln können.
Ziel der Gestalttherapie ist eine Unterstützung bei dieser Selbstregulation, und damit das persönliche Wachstum der KlientInnen und die Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit.
"Ich und Du - hier und jetzt", so hat Fritz Perls die beiden wichtigsten Grundprinzipien der Gestalttherapie sehr einfach auf den Punkt gebracht. Neben dem dialogischen Prinzip von Martin Buber nimmt er damit auch auf den Königsweg für die Bearbeitung offener Gestalten Bezug: die ganzheitliche Bewusstwerdung und die gemeinsame, achtsame, liebe- und respektvolle Erforschung des psychischen Stroms des aktuellen Geschehens, des "Prozesses" des KlientInnen im Hier und Jetzt.
Gestalttherapeuten fördern hierzu die ganzheitliche Wahrnehmung aller Ebenen des menschlichen Seins: der kognitiven, der emotionalen und der körperlichen. Alle Empfindungen, Regungen, emotionale oder physischen Bewegungen und Impulse werden ernst genommen. Auch im Zwischenraum der Worte geschieht Prozess.
Die Kunst von Gestalttherapeuten besteht darin, einen heilsamen und sicheren Raum zu öffnen und eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen, die es ermöglicht, sich diesen persönlichen Vorgängen zuzuwenden und sich auf das einzulassen und mit vollem Bewusstsein zu durchleben, was in uns auftaucht, ohne zu bewerten oder zu urteilen. Das gegenseitige Mitteilen eigener Wahrnehmungen und Gefühle schafft zwischenmenschliche Nähe, Vertrauen und echten menschlichen Kontakt. Dadurch vertiefen sich wiederum innere Vorgänge, Gefühle können intensiver durchlebt werden und damit die Vorraussetzungen für essentielle Veränderungen schaffen.
"Was ist darf sein, und was sein darf verändert sich", so hat der psychologische Psychotherapeut Werner Bock dieses Grundprinzip einmal in treffende Worte gebracht. Er nimmt damit auf ein wichtiges Konzept der Gestalttherapie Bezug, das von dem amerikanischen Gestalttherapeuten Arnold Beisser als die „Paradoxe Theorie der Veränderung“ formuliert wurde: "Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist."
Grundlegende Voraussetzung, um uns persönlich zu verändern, ist also, dass wir unsere jeweils gegenwärtigen seelischen Vorgänge mit voller Bewusstheit und ohne Einschränkung erleben: alle Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen, die zur jeweiligen Gestalt gehören, um die es in einem Veränderungsprozess geht. Das können wir nur, wenn wir uns so annehmen, wie wir sind und uns selbst mit freundlicher Aufmerksamkeit begegnen. Dann werden wir zu dem, der wir (eigentlich) sind und haben uns damit schon verändert.
Anders gesagt: wenn wir bereit sind loszulassen von der Illusion, wir müssten etwas bestimmtes tun, damit sich etwas verändert und bereit sind, uns voll hinzugeben an das, was gerade in uns geschieht, also an unseren eigenen Prozess, begegnen wir dem vollen Leben und etwas neues kann entstehen.
Meine Quellen zum weiterlesen: